Interview mit dem Burgfestorganisator Herbert Walter

Klasse 8b: Bitte beschreiben Sie kurz, wer Sie sind.

Herbert Walter: Ich bin Herbert Walter, komme aus Meckenhausen und bin 59 Jahre alt. Ich bin verheiratet und habe drei erwachsene Kinder, zwei waren auch hier auf dieser Schule, aber sie sind schon mindestens acht Jahre draußen. Ich arbeite in der Stadt Hilpoltstein, bin gerade geschäftsleitender Beamter, bin zu ständig für Organisation, Personal, für die Zusammenarbeit mit den Gremien, mit dem Stadtrat und unter anderem auch für das Burgfest.

Klasse 8b: Welche Tätigkeiten übernehmen Sie in Ihrer Rolle als Ansprechpartner für das Burgfest in Hilpoltstein?

Herbert Walter: Die Haupttätigkeiten, die wir übernehmen ist die Organisation vom Festplatz. Wir wählen die Schausteller aus, machen die Verträge mit denen, wickeln alles Rechtliche ab und kümmern uns um die Pferde, die beim Festzug engagiert werden. Alles, was mit Verwaltung und Organisation zu tun hat, das läuft über mich.

Klasse 8b: Wo kommen denn die ganzen Fahrgeschäftsbetreiber her?

Herbert Walter: Die meisten kommen schon aus der Gegend. Einige, vor allem im Essensbereich, kommen aus Hilpoltstein und Heideck. Die Fahrgeschäfte aus dem Bereich Nürnberg, Erlangen, Ansbach und Freising. Die größeren Fahrgeschäfte kommen aus der Richtung Niederbayern, die sind aber Ausnahmen, da sie öfter mal wechseln. Zum Beispiel der Autoscooter, der immer da ist, kommt aus Nürnberg oder das Kinderkarussell kommt aus Erlangen. Schießbuden, Eis usw. kommen hauptsächlich aus der Nähe.

Klasse 8b: Welcher historische Anlass liegt dem Burgfest zugrunde?

Herbert Walter: Es gab einen Pfalzgrafen Ott-Heinrich von Pfalz-Neuburg und er hat 1582 eine Dorothea Maria geheiratet, dabei hat sie ein Wittum bekommen. Das Wittum ist dafür da, dass wenn der Pfalzgraf nicht mehr leben sollte, die Frau und die Kinder versorgt sind. Dieses Wittum war die Herrschaft über Hilpoltstein und da hat auch Allersberg und Heideck dazugehört. Die Dorothea hat es zwar bekommen, aber hat hier nicht gewohnt. Nachdem 1606 der Pfalzgraf Ott-Heinrich verstorben ist, ist dann die Dorothea Maria nach Hilpoltstein auf die Burg gezogen. Zu der Burg hat auch die Residenz, zum Teil das Finanzamt dazugehört, das war so ein richtiges Gehöft mit Pferdestallungen, Gästehaus, Festsaal, Flügel, Residenz und allem möglichem. Dorothea Maria hat vorher auf der Burg gewohnt und hat nach und nach die Sachen bauen lassen. 1606 zog Dorothea Maria in Hilpoltstein ein und wurde dort groß vom Bürgermeister, von den Ratsherren und von der Bevölkerung begeisternd empfangen. Diese Szene wird seit 1927 nachgespielt.

Klasse 8b: Wie viele Menschen helfen Ihnen dabei, ein so großes Fest zu organisieren?

Herber Walter: Helfen tun sehr viele Leute, zum einen ist fast die gesamte Verwaltung mit eingebunden, das geht los beim Festplatz in der Innenstadt und die ganzen Bereiche, die davon betroffen sind, auch der Trödelmarkt gehört dazu. Zum anderen der Bauhof, der alles mäht, die Bäume schneidet, der den Bauzaun aufbaut und der alle Verkehrsschilder aufstellt. Auch mitwirken tun die Wasserversorgung, die Hausmeister, die den Strom zur Verfügung stellen, die Abwasserentsorgung, der Kassenbereich, der die Gebühren des Trödelmarktes abkassiert. Der Bürgermeister steht über allem, aber es gibt auch sehr viele ehrenamtliche Helfer. Außerdem gibt es einen Burgfestausschuss, der aus zehn Leuten besteht. Diese organisieren sehr viel und treffen Entscheidungen über die inhaltlichen Fragen des Festspiels, beispielsweise gibt es Kleiderkammern, in denen 1000 Kostüme aufbewahrt werden, die an die Darsteller herausgegeben werden müssen. Wir kümmern uns beim historischen Teil um die rechtliche Absicherung. Zum Beispiel sprechen wir uns mit der Polizei, dem roten Kreuz und dem BRK ab. Unter anderem gibt es das Sicherheitskonzept, das aus über 30 Seiten besteht und genau festlegt, wo man hindarf und was passiert, wenn ein Zwischenfall ist. Also sind neben der Verwaltung bestimmt nochmal 100 ehrenamtliche Leute tätig.

Klasse 8b: Wie lange dauert die Vorbereitung?

Herbert Walter: Die Vorbereitungen dauern ungefähr ein Jahr, das heißt, wenn das eine Burgfest vorbei ist, dann geht die Organisation vom nächsten Burgfest schon wieder los.

 

Klasse 8b: Wird es ein Burgfest, wie es noch vor zwei Jahren stattgefunden hat, nochmal geben oder müssen wir uns auf Änderungen einstellen?

Herbert Walter: Das ist natürlich schwierig zu sagen. Also dieses Jahr ist es auf jeden Fall so, dass es nicht in der Form, so wie wir es kennen, stattfinden kann. So ein Burgfest wird es heuer überhaupt nicht geben. Das, was es geben wird, ist eine stark verkleinerte Form von einer Art Volksfest oder Rummel am Festplatz. Das bedeutet, dass es nur ein paar Fahrgeschäfte und Essensstände gibt. Außerdem ist es natürlich mit vielen Hygieneauflagen verbunden, also mit Umzäunung, mit Beschränkung der Besucher, mit Maske, kein Alkohol, nicht hinsetzen und Essen nur zum Mitnehmen. Ob das nächstes Jahr wieder wie vor zwei Jahren stattfindet, kann ich heute wirklich nicht sagen. Auch der Umzug kann leider nicht abgehalten werden, da die Zuschauer die Abstände nicht einhalten können und zu viele Menschen auf kleiner Fläche sind. Ich hoffe, dass das Burgfest nächstes Jahr wieder im normalen Zustand stattfinden kann, wenn auch mit Einschränkungen.

Klasse 8b: Welche kulturellen Veranstaltungen, die Sie uns empfehlen können, gibt es außer dem Burgfest noch im Landkreis?

Herbert Walter: Zu den Hilpoltsteiner Höhepunkten gehört einmal das Mittelalterfest, das im Mai auf der Burg stattfindet und das Drachenfest in Heuberg. Außerdem gibt es viele kleinere Veranstaltungen. Was ich auch neben den Blues Tagen in Roth und dem Violinfestival in Wendelstein empfehlen kann, sind die Volksfeste, Kirchweihen und das Maibaumaufstellen in den kleineren Ortschaften.

Klasse 8b: Was muss man ihrer Meinung nach unbedingt im Landkreis gesehen haben oder erlebt haben?

Herbert Walter: Was man auf jeden Fall mal im Landkreis gesehen haben muss, sind zum einen der Roth- und Brombachsee und zum anderen den Challenge, der die meisten Besucher anlockt mit 4000 Teilnehmern und vielen Zuschauern. Wir sind auch immer jedes Jahr mit dabei an der Bühne am Solarerberg und ich finde es immer toll, wenn man da oben steht und die Menschenmassen und die Radfahrer durchfahren sieht. Außerdem sollte man auch mal die Burgen, die Museen und vor allem die Landschaften, wie beispielsweise rund um Thalmässing gesehen haben, da diese viele Möglichkeiten bieten, um etwas zu unternehmen. Wir haben sehr reizvolle, ganz unterschiedliche Landschaften. Es rentiert sich auf jeden Fall, diese zu erkunden.

Klasse 8b: Welche Verbesserungsvorschläge hätten Sie, um den Landkreis attraktiver zu machen?

Herbert Walter: Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs gibt es schon Probleme, zwar werden immer wieder neue Buslinien eingerichtet, aber diese werden nicht genutzt, was daran liegen könnte, dass die Busse zu unregelmäßig fahren, dann wollen es die Leute gar nicht erst nutzen. Dieses Problem herrscht auch bei den Zugverbindungen zwischen Hilpoltstein und Roth und zwischen Hilpoltstein und dem Allersberger Bahnhof. In Hilpoltstein hätten wir gern einen S-Bahn Anschluss an Nürnberg, da sind wir dran. Aber ein Problem sind die 13 Bahnübergänge, die bei einem S-Bahn Anschluss zwischen Roth und Hilpoltstein sind. Beim Thema Radwegenetz sind wir sehr gut dabei. Vielleicht kommen wir so von dem Autoverkehr weg. Man sollte auf jeden Fall die alten Bausubstanzen und die Landschaft erhalten, zum Beispiel gibt es im Raum Thalmässing viele alte Häuser.

Klasse 8b: Warum sollten junge Menschen nicht vom Land wegziehen und im Landkreis Roth bleiben? Schließlich kennt man ja das Phänomen der Landflucht.

Herbert Walter: Ich sehe das ein bisschen differenzierter mit der Landflucht Auf der einen Seite ist es richtig, dass viele junge Menschen in die Großstadt ziehen. Das hat auch damit zu tun, dass sie aus der Schule zum Studieren weggehen, dass sie irgendwo anders einen Arbeitsplatz suchen oder auch einmal was anderes sehen wollen. Auf dem Land ist nicht jeden Tag was los und, wenn man weggehen will, muss man schon mit dem Auto fahren. Auf der anderen Seite denke ich aber - und das kriegen wir in der Stadt auch hautnah mit -, dass es sehr viele Leute wieder zurückzieht, dass sie gerne wieder zurückgehen, wenn der Arbeitsplatz irgendwo in der Nähe ist. Es kommen außerdem nicht nur die Leute, die ursprünglich von hier kommen, zurück, sondern eigentlich haben wir fast eine Stadtflucht. Sehr viele Leute wollen aufs Land. Wir kriegen das dann mit, wenn man Baugebiete ausweist. In Hilpoltstein hat man vor 6 Jahren begonnen, 120 Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und nochmal 120 Wohnungen zu planen. Das war innerhalb kürzester Zeit weg und zurzeit können wir nichts mehr anbieten und trotzdem kriegen wir in der Stadt fast täglich Anrufe mit der Frage nach Bauplätzen. Die Baulandpreise in der Stadt sind deutlich höher als hier, außerdem glaube ich schon, dass man hier im Landkreis attraktive Wohnbedingungen vorfindet und dass die Leute hier sehr gerne wohnen. Auch, wenn die Infrastruktur hier schon eingeschränkt ist und auch nicht alle Fachärzte in jedem Ort vorhanden sind, nimmt man das dann gerne in Kauf, dafür dass es ruhiger ist und man eine schöne Landschaft um sich hat. Die Nachfrage ist sehr groß und die Landflucht, wie sie früher mal war, die gibt es schon in bestimmten Altersgruppen, das hat aber auch bestimmte Gründe. Eigentlich hat es sich mittlerweile fast umgekehrt.

Klasse 8b: Vielen Dank für das Interview!

 

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